Revue de la Police cantonale valaisanne

Gast der Redaktion

Doyen des Jugendgerichts

Herausforderungen der Jugendgerichtsbarkeit: Die zentrale Rolle der Polizei

Seit meiner Ankunft am Jugendgericht vor etwa zehn Jahren ist die Zahl der von Minderjährigen begangenen Straftaten in der Westschweiz kontinuierlich gestiegen. Das Wallis bildet hier keine Ausnahme, auch wenn unsere Situation vergleichsweise privilegiert bleibt.

Die Jugendgerichtsbarkeit stützt sich auf zwei Grundprinzipien: Schutz und Erziehung. In diesem Zusammenhang spielt die Polizei eine zentrale Rolle, indem sie wertvolle Informationen über die persönliche Situation der Jugendlichen sammelt. Diese Erkenntnisse helfen dem Jugendrichter zu entscheiden, ob eine Anhörung erforderlich ist, eine Sozialuntersuchung durch einen Erzieher in Auftrag gegeben oder eine Schutzmassnahme, wie die Betreuung durch einen Psychologen, einen Sozialpädagogen oder eine Unterbringung, ergriffen werden sollte. Obwohl das Hauptziel der Jugendgerichtsbarkeit nicht die Repression ist, bedeutet dies keineswegs, dass straffällig gewordene Jugendliche nicht zur Verantwortung gezogen werden. Vielmehr wird die Sanktion an das Alter und die Entwicklung des Betroffenen angepasst, um eine erzieherische Wirkung zu erzielen. Auch die Polizei trägt in ihrem Umgang mit Jugendlichen wesentlich zur pädagogischen Arbeit bei.

Die meisten jungen Menschen, die vor das Jugendgericht kommen, werden nur einmal oder höchstens zweimal auffällig und finden danach wieder in die Gesellschaft zurück. Häufig handelt es sich um geringfügige Verstösse, die Teil der typischen Grenzerfahrungen in der Pubertät sind.  Im Gegensatz dazu gibt es eine kleine Gruppe von Minderjährigen mit oft schwierigen persönlichen Hintergründen, die für einen Grossteil der schweren Delikte verantwortlich sind. In solchen Fällen sind eine enge Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz und weiteren Institutionen sowie ein rasches Eingreifen essenziell. Eine verkürzte Zeitspanne zwischen der Tat und der Konsequenz erhöht den erzieherischen Effekt und senkt das Rückfallrisiko.

Bei besonders schweren Fällen, in denen ein Jugendlicher eine erhebliche Gefahr für andere darstellt, sieht das Jugendstrafrecht die Möglichkeit der Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung vor – eine Massnahme, die bis zum 25. Lebensjahr andauern kann. In der gesamten Westschweiz gibt es jedoch nur eine solche Einrichtung: Das geschlossene Erziehungszentrum Pramont. Trotz der hervorragenden Arbeit, die dort geleistet wird, stehen dort nur begrenzte Plätze zur Verfügung, weshalb es eine lange Warteliste gibt. Daher hoffen die Jugendrichter der Westschweiz auf die Schaffung eines weiteren Zentrums oder eine Erweiterung von Pramont.

Im Wallis haben die Jugendrichter die Möglichkeit, täglich mit engagierten Polizisten zusammenzuarbeiten, um die Ziele des Jugendstrafrechts zu erreichen und den Jugendlichen eine positive Entwicklung zu ermöglichen. Die Qualität ihrer Arbeit wird von den Jugendrichtern anderer Kantone oft beneidet. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz erleichtert nicht nur den Alltag, sondern hilft uns auch, Herausforderungen zu bewältigen – selbst wenn die Ressourcen manchmal begrenzt sind. Im Namen des Jugendgerichts möchte ich allen Mitgliedern der Kantonspolizei für ihren Einsatz danken.

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